Swiss Russian Forum: Wir nehmen Interessen beider Seiten wahr
Das Portal “Business in der Schweiz” heisst Béatrice Lombard-Martin, Gründerin und Executive President von der Stiftung Swiss Russian Forum, willkommen. Das Interiew wird von Marad Widmer geführt.
Lesen Sie bitte das Interview auch auf Russisch.
M.W.: Frau Lombard-Martin, damit unsere Leserinnen und Leser das Swiss Russian Forum besser kennen lernen könnten, beschreiben Sie bitte mit eigenen Worten, was die Ziele Ihrer Stiftung sind. Wann und von wem wurde sie gegründet?
B.L.M.: Die Stiftung Swiss Russian Forum habe ich vor genau 10 Jahren gegründet. Die Idee wurde getragen von Anwälten, Unternehmern, Verbänden aber auch Persönlichkeiten aus kantonalen resp. der Eidgenössischen Verwaltung. Zum damaligen Zeitpunkt setzte ich mich im Rahmen internationaler Mandate vertieft mit Russland auseinander. Die Organisation ist aufgestellt als eine internationale Stiftung mit Domizil in Zürich und steht deshalb unter der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht in Bern. Sie finanziert sich durch Gönnermitgliederbeiträge, Zuwendungen, Legate und Sponsoring. Sie ist von der Steuer entbunden, was bedeutet, dass gespendete Beiträge — auch private — vollumfänglich geltend gemacht und abgezogen werden können.
M.W.: Zurzeit gibt es zahlreiche Organisationen, die so oder so Bezug zur Schweiz und Russland haben. Wie unterscheidet sich Ihre Stiftung von anderen Club s, Organisationen usw., die sich als Vermittler zwischen Russland und der Schweiz darstellen?
B.L.M.: Wir kennen das Umfeld gut und wissen um einige wichtige aber auch belanglose Akteure in diesem Umfeld. Nur sind leider die meisten Aktivitäten im vergangenen Jahr, vor allem aber seit die westlichen Sanktionen verhängt worden sind, heruntergefahren oder gar eingestellt worden. Nichtsdestotrotz oder eben gerade in solch‘ herausfordernden Zeiten ist es die Aufgabe von Organisationen wie der unseren Gegensteuer zu gegeben. In Russland und der Schweiz sind die Ansprüche resp. das Verständnis rund um Organisationen oder Club s unterschiedlich! „Stiftung“ sagt nur aus, um was für eine juristische Form es sich handelt! Ein Russe kennt eher den Club, der Schweizer den Verein. Das Swiss Russian Forum erfüllt einerseits einen öffentlichen Auftrag (Verein), andererseits erbringt es für Mitglieder aber auch konkrete Leistungen (Club).
M.W.: Wie oft im Jahr finden Ihre Veranstaltungen statt? Worum geht es?
B.L.M.: Obschon wir jährlich sehr viele Veranstaltungen, Weiterbildungen und Treffen organisieren, sind wir kein Veranstaltungsunternehmen. Das Ziel unserer Organisation (Stiftung) ist der Wissensaustausch zwischen der Schweiz/Liechtenstein und der Russischen Föderation zur Förderung einer nachhaltigen, ethisch vertretbaren Wirtschaft. Deshalb haben wir vier strategische Programme:
Programm Recht & Finanzen
Programm Wissenschaft und Technologie (Innovation)
Programm Gesundheit (inkl. Öffentliche Gesundheit)
Programm Politik & Gesellschaft
Aufgrund unserer Arbeit, unseres grossen Netzwerkes aber auch unserer Erfahrung sind wir heute eine anerkannte Schweizerisch/Russische Handelskammer, die aber die Interessen beider Seiten gleichermassen wahrnimmt. Wir sind beratend aber auch operativ sowohl für Schweizer als auch für Russische Unternehmer/Firmen da und lösen soweit es in unserem Kompetenzbereich liegt, auch Probleme. Wichtig ist, dass wir in unserer Arbeit vollständig unabhängig sind und uns neutral verhalten.
M.W.: Gehen wir von Ihrem Forum zum Thema „Russisch-Schweizerische Beziehungen“ über. Die Schweiz versucht immer, ihre Handelsbeziehungen zu diversifizieren. In diesem Kontext stellt Russland einen sehr lukrativen Markt dar. Wo steht der Handel zwischen Russland und der Schweiz heute?
B.L.M.: Lukrativ sind beide Märkte; es ist ein Nehmen und ein Geben! Für die Schweiz ist Russland ein grosser zusätzlicher Markt, der noch viel an Entwicklungspotential birgt und für Russland ist die Schweiz ein Land mit viel Knowhow und grosser Innovationskraft. In Bezug auf die Schweiz ist zu bedenken, dass es kein EU-Land ist. Zwar ist die EU der wichtigste Handelspartner, trotzdem muss die Schweiz offen sein, mit allen Märkten gute Wirtschaftsbeziehungen zu pflegen.
Zu Ihrer Frage wo der Handel zwischen Russland und der Schweiz steht, können wir sagen, es läuft den Umständen (Sanktionen) entsprechend gut! Dies auch im Lichte der sich verändernden Rahmenbedungen resp. Voraussetzungen. Es sind 3 Faktoren, an denen generell weiter gearbeitet werden muss: Veränderte Gesetzesbestimmungen, Korruption und Unsicherheiten. Und gerade um Vertrauen zu erhöhen sind wir da!
M.W.: Wie belasten (oder im Gegenteil – begünstigen) die US- und EU-Sanktionen gegen Russland den Handel zwischen der Schweiz und Russland? Wann erwarten Sie, dass die Sanktionen aufgehoben werden?
B.L.M.: Die Sanktionen begünstigen den Handel zwischen der Schweiz und Russland in keiner Weise. Die Schweiz beteiligt sich zwar nicht an den Sanktionen, sie bietet aber auch nicht Hand, die Sanktionen zu umgehen. Dies gilt für beide Seiten. Um Ihre Frage zu beantworten, bis wann die Sanktionen dauern, kann können wir nur sagen: Das wäre ein Blick in die Glaskugel! Es geht ja heute bereits um weit mehr als nur um die Ostukraine! Da die Hoffnung ja bekanntlich zuletzt stirbt, hoffen wir, dass sie möglichst bald aufgehoben werden!
M.W.: Was ist die Haltung von Bundesbern zur heutigen Ukraine-Krise? Teilen Sie diese Haltung?
B.L.M.: Bundesbern hat sich besonders engagiert, als es noch den OSZE-Vorsitz hatte. Unter der Leitung von Botschafterin Heidi Tagliavini wurde intensiv an einer Waffenruhe und an Lösungen gearbeitet. Die Situation ist verworren und dadurch schwierig! Es ist wünschenswert, dass eine Lösung zwecks Abschwächung der kriegerischen Auseinandersetzungen gefunden werden kann, denn dann wären die Voraussetzungen gegeben, die Sanktionen wenigstens teilweise aufzuheben.
Wir bedanken uns bei Béatrice Lombard-Martin, Gründerin und Executive President von der Stiftung Swiss Russian Forum, für das Interview.
Lesen Sie bitte das Interview auch auf Russisch.